Die Ausgrabungen von Otto Doppelfeld 1953 im kriegszerstörten Köln fanden wegen des Wiederaufbaus in höchster Eile statt, ergaben aber mehr herausragende Erkenntnisse als bis heute bearbeitet und veröffentlicht werden konnten. In Vorbereitung zur Einrichtung des MiQua konnten jetzt auch immer wieder alte Funde und Befunde der Ausgrabungen im Praetorium neu gesichtet werden, um sie für die Ausstellung vorzubereiten.
Mosaiken fürs Bad
Dazu gehören auch die Reste zweier Mosaikböden. Der eine stammt aus dem kleinen mit einer oktogonalen Unterfußbodenheizung ausgestatteten Raum in der Nordostecke des südlichen Innenhofes des Praetoriums der Perioden 2 und 3. Der Bereich befindet sich also zwischen dem Trakt mit den ebenfalls weitgehend beheizten, vermutlichen Privatgemächern des Statthalters und der größeren Fläche bis zum Baubestand der Aula, die architektonisch das südliche Schwergewicht der bekannten Baufluchten des Praetoriums ausmacht. Das Mosaik wird derzeit an der FH Erfurt restauriert, worüber nach Abschluss der Arbeiten in einem weiteren Blogbeitrag berichtet wird.

Ein zweites Mosaik wurde nur wenige Meter westlich in einem kleinen Raum mit gerundetem Westschluss aufgefunden und 1953 geborgen. In einem Rekonstruktionsprojekt, das zusammen mit Narmer architecture, Budapest und den Kollegen Zsolt Vasáros und Gábor Nagy in bewährter Zusammenarbeit, aber wegen Corona vollkommen virtuell stattfand, wurden unterschiedliche Varianten für die Architektur über den archäologischen Resten erarbeitet. Besonders bei den Dachformen unterscheiden sich hier die Bilder. Es sind jeweils zwei oder drei Möglichkeiten vorhanden, um den Befund nach oben zu ergänzen. Deshalb werden in diesem Beitrag auch unterschiedliche Bilder gezeigt.
Raumfolge
Aus den Mauer- und Bodenbefunden lässt sich ein kompaktes Bad mit den Hauptbaderäumen eines „Ringtypus“ rekonstruieren. Man wechselte als Badegast also die Räumlichkeiten mit den unterschiedlichen Temperaturen nicht hintereinander (linear) so dass man die ersten Räume beim „Reihentyp“ zweimal durchqueren musste, sondern man konnte beim „Ringtyp“ untereinander wechseln und auf anderem Weg wieder zum Ausgangspunkt zurückkehren.
Die unterschiedlichen Mauertechniken und Materialien der Befunde zeigen auch verschiedene Entstehungszeiten und damit verbunden eine längere Nutzungsdauer einzelner Bereiche der Thermen des Statthalters an. Grundsätzlich scheint der südöstliche Teil mit dem Kaltbad (frigidarium) und dem als Wärmeraum (tepidarium) interpretierten Raum einer älteren Bau- und Nutzungsphase anzugehören. Die Reste des Kaltbades sind nach Doppelfeld und der in den Bauhorizonten gefundenen Keramik „nicht später als um die Mitte des 2. Jahrhunderts“ zu datieren. Die Heizung unter dem oktogonal rekonstruierten Raum ist gesichert später eingesetzt. Die südöstlich vermutete Heizzentrale der rekonstruierten Thermen ist – da unter erheblichem Zeitdruck am südlichen und westlichen Ende der Praetoriumsausgrabung entdeckt – in zu geringen Resten erfasst, um ohne neue Bodenuntersuchungen zu weiteren Interpretationen zu gelangen.Aus der Zusammenführung der Befunde und der wahrscheinlichen Raumabfolge zwischen beheizbaren und ungeheizten Räumen ergibt sich ein Bad mit 250–300 m² Nutzfläche. Es gehört damit zu den größten nichtöffentlichen Thermenanlagen des Rheinlandes.

Von der Logik der zugeführten Wärme sollte sich im östlichen Bereich das Warmbad (caldarium) befunden haben. Von hier gelangte man in das tepidarium und das frigidarium. Dieses wird unter dem großen Satteldach im westlichen Teil rekonstruiert und ist kenntlich an den erhaltenen Resten des Kaltwasserbeckens und einem zugehörigen Brunnen.
Unbekannt bleibt ein möglicher Zusammenhang der Thermen mit dem kleinen weiter westlich liegenden Ausgangs- und Verteilräumchen mit Mosaik 34. Vielleicht könnte es als Ausgang zu einer Hofanlage, einer Art palaestra mit Zugang zu den Thermen komponiert werden.


Dass die Badeanlage des Kölner Praetoriums den Platz nach Südwesten freihielt, ermöglichte die maximale Ausnutzung der Sonneneinstrahlung, so wie es vom römischen Architekten Vitruv für die Anlage antiker Thermen grundsätzlich angeregt wird.
Fazit
Im Kölner Praetorium hat es ein im schon bestehenden Palast integriertes und mindestens einmal umgebautes Bad gegeben, das wohl zwischen dem späten 2. Jahrhundert und dem frühen 4. Jahrhundert genutzt worden ist. Eine frühere Entstehung zumindest der als tepidarium und frigidarium gedeuteten Raumeinheiten ist gut denkbar, nach Doppelfeld aber nicht später als in der Mitte des 2. Jahrhunderts anzunehmen. Eine genaue Datierung der Mauern des spätantiken Praetoriums als allgemein wohl im späteren Verlauf des 4. Jahrhunderts angelegt, lässt sich derzeit jedoch nicht erbringen. (sr)
Vergleich in Ungarn
Praetoria sind an den verschiedenen Orten des römischen Reiches immer wieder mit anderen Architekturkonzepten entwickelt worden. Eine so gute Quellen- und Forschungslage wie sie die Anlage aus Köln hat, ist allerdings selten. Für die hier vorgestellte Badeanlage des Statthalters liegt als Vergleich das Bad im Praetorium von Aquincum/Budapest in Ungarn nahe.

Hier findet sich ebenfalls ein oktogonaler Raum (Nr. 41) der, mindestens in seiner zweiten Nutzungsphase, als Schwitzbad (sudatorium) der dortigen Thermen gedeutet werden kann. Der Raum in Aquincum ist mit etwas mehr als 5 m im Durchmesser allerdings beträchtlich größer und befindet sich in einer mindestens doppelt so großen Thermalanlage wie in Köln. Das Oktogon gehört zur Bauperiode II von Aquincum, die zwischen 119–211 datiert wird. Innerhalb dieser Zeitspanne ist das Oktogon relativ spät anzusetzen. In Bauperiode III des Praetoriums von Aquincum aus der Zeitspanne zwischen 211–222, setzte man, neben anderen Umbauten, dem Raum im Süden ein neues praefurnium (Nr. 42) zur eigenständigen Beheizung des Raumes an. (zh)

Im MiQua sollen später auch Funde aus Praetorien an anderen Orten wie dem ungarischen Aquincum in Gastausstellungen gezeigt werden.
Ein Beitrag von Prof. Dr. Sebastian Ristow, wissenschaftlicher Referent im MiQua, und Zoltán Havas, wissenschaftlicher Grabungsleiter in Harburg (Schwaben) und Archäologe für das Archäologiebüro Dr. Woidich GmbH.
Das Beitragsbild zeigt eine atmosphärische Rekonstruktion des Thermenbaus im Kölner Statthalterpalast. © Zs.Vasáros / G. Nagy (Narmer Architecture, Budapest) / S. Ristow (LVR), 2021.