Kleiner Exkurs durch die Musik im Mittelalter – Eine Ofenbekrönung aus dem 14. Jh. in Form eines Fidlers 

Ein Beitrag von Ulrike Schikowski, Archäologische Zone der Stadt Köln

Die Figur ist Teil einer mittelalterlichen Ofenkachel. Es handelt sich um die Dreiviertelfigur eines Fidlers mit gegürteter Gewandung und über der rechten Schulter liegender Kapuze – einer Gugel, der Kopf fehlt. 

Foto eines archäologischen Fundes. Figürliches Steinfragment.
© Ulrike Schikowski / Archäologische Zone

Der Körper des Musikanten biegt sich in leicht S-förmigem Schwung, während er mit der Rechten den Bogen über die Saiten der Fidel streicht. Diese wird mit seiner Linken gehalten und auf der linken Schulter abgestützt. Das Fragment zeigt keine Rückstände einer farbigen Glasur, jedoch sind Schmauchspuren und Brandreste erkennbar. Die heftigen Brände während des Pogroms im Jahre 1349 brachten die Glasur zum Schmelzen. Die Figur, als Teil einer gesamten Ofenbekrönung, befindet sich oberhalb der gotischen, nasenbesetzten Spitzbogenverblendung der Kachel. 

Die Kachel stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde aus einem Keller geborgen, der westlich an das jüdische Hospital angrenzte. Es ist also durchaus möglich, sie in den unmittelbaren Kontext des Hospitals zu setzen. Da die meisten mittelalterlichen Instrumente aus Holz gefertigt wurden, haben nur sehr wenige bis in die Neuzeit überlebt, so dass unser heutiges Wissen über mittelalterliche Instrumente überwiegend aus Bildern und Texten dieser Zeit abgeleitet wird. 

Die mittelalterliche Fidel (althochdeutsch fidula; mittelhochdeutsch fidel, fyddel, videl) stammte wahrscheinlich aus Vorderasien und fand ihren Weg aus der arabischen Welt nach Europa im 10. Jh. Sie konnte an Brust oder Schulter gelehnt gespielt werden. Ursprünglich hatte sie die Form eines Spatens, im Laufe der Zeit entwickelte sich die Bauweise mit 8-förmigem Korpus, wie auf der abgebildeten Kachel zu sehen. Die Saiten waren meistens aus Darm, konnten aber auch aus Pferdehaar oder Metall sein.

Es ist anzunehmen, dass die Fidel zu den beliebtesten Instrumenten des Mittelalters gezählt werden kann, da sie auf zahlreichen Darstellungen zu sehen ist. Sie wurde von Spielleuten auf dörflichen Festen, Troubairitz und Minnesängern am Hofe gespielt, auch ist sie in den Händen von Engeln zu sehen. Die folgenden Abbildungen zeigen auf der linken Seite ein Figurenensemble aus dem Chorgestühl des Kölner Doms aus dem frühen 14. Jahrhundert, rechts ist ein Ausschnitt aus dem Flügelaltar des Hans Memling Segnender Christus und musizierende Engel von 1489 zu sehen.

Gegenüber Blasinstrumenten hatte die Fidel den Vorteil, dass der*die Musikantin gleichzeitig singen und tanzen konnte. Ein beliebtes Motiv der Zeit war denn auch das der tanzenden Frau, die von einem Spielmann begleitet wird, wie in der folgenden Abbildung zu sehen. Auch hierbei handelt es sich um Figuren einer Ofenkachel. 

Foto von einer archäologischen Fundgruppe bestehend aus zwei figürlichen Darstellungen. Beiden steinernen Figuren fehlt der Kopf. Leichte Farbreste sind erkennbar.
© Ulrike Schikowski / Archäologische Zone

Neben der Fidel war im Mittelalter vor allem die Rebec von Bedeutung, die aus der arabischen Welt kommend, vermutlich über Spanien nach Mitteleuropa gelangte. Im Unterschied zum flachen Boden und der geraden Form der Fidel hatte die Rebec einen gewölbten Rücken, sowie an ihrem Halsabschluss zur Seite abstehende Stimmwirbel. Zudem war sie mit weniger Saiten ausgestattet. Der Resonanzköper und der Hals bestanden aus einem Stück Holz, bei einer Geige wird der Hals aus einem separaten Stück gefertigt. Die damals existierenden zwei Versionen der Rebec – die spanische und die europäische – zeigten sich nicht nur im Größenunterscheid, sondern auch in der Spielweise. 

Die kleinere, spanische Version wird beim Spielen auf den Knien gehalten, die europäische hielt man an die Schulter gelehnt. 

Foto einer steinernen Darstellung von König David, eingelassen in eine Außenmauer / Wand.
König David mit Rebec in Santiago de Compostela. © https://prometheus.uni-koeln.de

Ab dem Spätmittelalter entwickelte sich eine Reihe von bogengestrichenen Saiteninstrumenten, die man heutzutage im Orchester vorfindet: Violinen, Bratschen, Celli etc. so dass die Rebec und die Fidel als Vorläufer der Violenfamilie gesehen werden können.

Ein Beitrag von Ulrike Schikowski. Sie ist in der Fundbearbeitung der Archäologischen Zone der Stadt Köln tätig. Die Grabungsarbeiten der Kolleg*innen werden parallel zum Baustellenbetrieb im Untergrund fortgeführt. Dabei kommen täglich zahlreiche Funde zu Tage, werden den jeweiligen Fundorten zugeordnet und mit einem Fundzettel versehen. Im Rahmen der Fundbearbeitung werden sie anschließend nach Befundnummer und den jeweiligen Gattungen sortiert. Nach Durchsicht gelangen sie in die Fundküche, werden dort gesäubert, getrocknet und beschriftet. Eine Identifizierung und Erfassung in der Datenbank bilden die Grundlage für die weitere Arbeit an und mit den Funden.

Beitragsbild: © Ulrike Schikowski / Archäologische Zone

2 Kommentare Gib deinen ab

  1. Johannes Wachten sagt:

    Erhellende Kontextualisierung, danke

    Like

Schreiben Sie einen Kommentar