Wer behält den Überblick?

Die Erfassung von Ausstellungsobjekten

Eine kaum zu überschauende Vielzahl an Objekten

(English version below) Während der archäologischen Untersuchungen des Rathausplatzes von 1953-1956 und seit 2007 fanden die Archäologinnen und Archäologen zehntausende von Funden. Sie stammen z. B. aus dem Palast des römischen Statthalters (Praetorium), aus dem mittelalterlichen jüdischen Viertel, den Häusern der Goldschmiede oder aus dem Zerstörungsschutt des 2. Weltkriegs.

Eine Vielzahl unterschiedlichster Objekte erzählt uns vom Leben, Wohnen und Arbeiten der Menschen, die in den letzten 2000 Jahren im Viertel am heutigen Rathausplatz gelebt haben. Hierzu zählen beispielsweise:

  • Fragmente von römischen Fußbodenmosaiken oder farbigen Wandmalereien,
  • Baudekor aus der mittelalterlichen Synagoge in Gestalt von Tierfiguren und Blättern,
  • auf Schiefertafeln geritzte Schreibübungen jüdischer Schulkinder,
Schlüssel, davorliegend ein Maßstab.
Eisenschlüssel aus einem mittelalterlichen Keller am Kölner Rathausplatz. Durch die Lagerung im Boden ist er stark angegriffen und muss nun restauriert werden. © Thomas Düpmeier / LVR
  • Schlüssel von Truhen und Türen,
  • vom häufigen Anfassen glattpolierte Schachfiguren
  • sowie Tausende von Keramikscherben und Tierknochen aus den Latrinenschächten unter den mittelalterlichen Plumpsklos hinter den Wohnhäusern.

Doch welche Objekte soll das Team von MiQua in der neuen unterirdischen Dauerausstellung zeigen? Es ist gar nicht so einfach bei den buchstäblich tausenden von Objekten den Überblick zu behalten.

Auf einem großen Tisch stehen geschlossene und geöffnete Kisten, aus denen zum Teil Funde zu sehen sind. Im Hintergrund ein großes Regal mit Kartons unterschiedlicher Größen.
In den Räumen der Fundbearbeitung der Archäologischen Zone warten mittelalterliche Funde darauf, begutachtet und aufgenommen zu werden. © Tanja Potthoff / LVR

In einem ersten Arbeitsschritt haben wir in zahlreiche Kisten und Tüten hineingeschaut, Fotos gesichtet, Kataloge gewälzt und mit den Archäologinnen und Archäologen von der Archäologischen Zone, die viele Tipps für uns hatten, gesprochen. So konnten wir uns einen groben Überblick verschaffen und eine allererste Auswahl treffen. Doch bis die archäologischen Funde schließlich in den Vitrinen liegen, stehen oder hängen, ist viel Arbeit im Vorfeld notwendig.

Basis und Werkzeug

Damit wir bei der Planung von MiQua immer den Überblick behalten, erfassen wir alle Objekte, die wir später in der Ausstellung zeigen möchten, in unserer digiCULT Datenbank, die durch den genossenschaftlich organisierten Museumsverbund
digiCULT-Verbund e. G.
entwickelt wird. Dort geben wir alle wichtigen Informationen zu unseren Ausstellungsstücken ein. Diese Arbeit bezeichnet man als Inventarisierung.

Beispielhaft wird hier ein Datensatz gezeigt mit einem Foto des Fundes und verschiedenen Eingabefeldern.
So sieht die Aufnahmemaske unserer Datenbank digiCULT zur Aufnahme unserer Ausstellungsobjekte aus. © Screenshot / LVR

Die Datenbank ist eine unerlässliche Grundlage für alles, was die Ausstellungsobjekte betrifft. Später können wir immer wieder darauf zurückgreifen, wenn z. B. die Kuratorinnen und Kuratoren ermitteln möchten, welche Fundstücke vor Ausstellungsbeginn dringend noch restauriert werden müssen oder wenn Ausstellungstexte geschrieben werden.

In der Datenbank stehen zahlreiche Angaben zu den Objekten, z. B. Inventarnummern, die eine sichere Identifizierung und Auffindung ermöglichen, oder die Maße, damit unsere Ausstellungsdesignerin vom Büro für Ausstellungsgestaltung weiß, wie groß die Vitrinen sein sollen. Außerdem beschreiben und fotografieren wir die Objekte. Wir schauen uns beispielsweise an, ob Gebrauchsspuren Hinweise auf ihre Verwendung geben oder Beschädigungen dazu geführt haben, dass sie weggeworfen wurden. Fast 1000 mögliche Ausstellungsstücke haben wir auf diese Weise schon aufgenommen und bearbeitet.

Seitliche Aufnahme eines Mitarbeiters, der einen Fund mit einem Messgerät untersucht.
Thomas Düpmeier vom MiQua-Team vermisst ein Bruchstück einer hebräischen Inschrift. © Tanja Potthoff / LVR

Manchmal ist auch Detektivarbeit gefragt. Denn jedes einzelne Objekt müssen die Archäologinnen und Archäologen aus dem Team bestimmen: Um was handelt es sich genau? Wozu wurde das Objekt genutzt? Wie alt ist es? Kann uns der Fund etwas über die Geschichte des Viertels oder die Menschen, die hier lebten erzählen? Dazu müssen Bücher gewälzt werden. Dort suchen wir vergleichbare Stücke, die z. B. bei der Datierung eines Keramikkruges helfen können oder Informationen zu den mittelalterlichen Goldschmieden und der Verwendung der Gussformen, die wir in der Ausstellung zeigen möchten. Denn schließlich möchten wir später in der Ausstellung jedes Objekt zum Sprechen bringen und möglichst viele spannende Geschichten erzählen.

 

Ein Beitrag von Tanja Potthoff, MiQua.

 

Beitragsbild: Bruchstück einer hebräischen Inschrift. © Tanja Potthoff / LVR

 


Maintaining an overview – cataloguing exhibits

A multiplicity of objects almost defies compilation

During excavations of the Rathausplatz between 1953 and 1956 and since 2007, archaeologists discovered tens of thousands of objects. Some were from the Roman governor’s palace (the Praetorium), others from the medieval Jewish Quarter or goldsmiths‘ houses; still more artefacts were found amidst the rubble of World War II.

An immense variety of finds reveals a narrative of the lives, dwellings and work of people who over the last 2000 years inhabited the area surrounding today’s Rathausplatz. They include for example:

  • fragments of Roman floor mosaics or colourful murals
  • decorative elements from the medieval synagogue in the form of animals and leaves
  • writing exercises inscribed on slates by Jewish schoolchildren

Image 1: Iron key from a medieval cellar at Cologne’s Rathausplatz. Severely encrusted from years of lying in the ground, it will undergo restoration. © Thomas Düpmeier / LVR

  • door and coffer keys
  • chess figures, polished by years of use and
  • thousands of pottery shards and animal bones discovered in the latrine pits behind residences.

How should the MiQua team select which items to display in the new subterranean permanent exhibition? The mere task of compiling an overview of thousands of objects defies a simple solution.

Image 2: In the ‚Archaeological Zone‘ rooms, where objects are analysed, medieval finds await inspection and registration. © Tanja Potthoff / LVR

The first phase of work involved looking into numerous boxes and bags and at photographs. We pored over catalogues and spoke to the archaeologists, who had plenty of advice for us. This allowed us to form a general overview and to make an initial selection. But a huge amount of work is in store before the archaeological finds can be placed or hung in the display cases.

Basic steps and tools

Planning at MiQua means that we must retain a general overview. We enter all objects that may later become exhibits in the digiCULT database developed by the digiCULT-Verbund e. G. cooperative organisation. Here, all important information on our exhibits is keyed in as part of the cataloguing process.

Image 3: The digiCULT template for registering our exhibits. © Screenshot / LVR

The database is an indispensable and fundamental resource for everything relating to exhibits. It may be consulted at any time – for example, curators might want to highlight finds requiring restoration before the start of an exhibition, or to draft descriptive texts.

The database contains numerous details on the objects, such as inventory numbers to allow secure identification and retrieval and measurements so that our exhibition designer knows how large the relevant display cases should be. We also write descriptions and take photographs of each object. We examine whether there are traces of wear and tear that hint at the manner in which objects were used, or how damage might have resulted in them being thrown away. Almost 1000 potential exhibits have been catalogued and processed in this manner.

Image 4: Thomas Düpmeier of Team MiQua measures a fragment of a Hebrew inscription. © Tanja Potthoff / LVR

At times, there is a bit of detective work involved. In each and every case, the team’s archaeologists must determine exactly what they are looking at. What was the object used for? How old is it? Can the find tell us something about the history of the quarter or the people who lived here? For this, books must be consulted to ascertain whether comparable pieces can help – for instance when dating a ceramic pitcher or adding to our knowledge about medieval goldsmiths and the use of casting moulds similar to those we might wish to display. After all, our aim is to allow each object in the exhibition to speak – indeed to tell as many exciting stories as possible!

By Tanja Potthoff, MiQua.

 

teaser image: Fragment of a Hebrew inscription. © Tanja Potthoff / LVR

 

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4 Kommentare Gib deinen ab

  1. Silvio sagt:

    Super Blogbeitrag – Als Laie habe ich mich schon immer gefragt, wie ein Museum bzw. ein Archäologe die Übersicht behält.
    Danke

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  2. Tanja Potthoff sagt:

    Danke für das Feedback. Es freut uns, wenn der Beitrag gefällt.

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