Verlorenes wieder sichtbar machen

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Bis zum Zweiten Weltkrieg war das Areal des Kölner Rathausplatzes dicht bebaut. 1942 und 1943 zerstörten die Fliegerbomben zahlreiche Wohnhäuser, städtische Verwaltungsgebäude sowie die mittelalterliche Ratskapelle und ehemalige Synagoge des jüdischen Viertels.

Historische Fotografien zeigen, was damals alles zerstört wurde. Da sich das gesamte Viertel jedoch so stark verändert hat, fällt es Betrachter*innen heute oft schwer, sich vorzustellen, was wo gestanden hat. Federica Pendolino hatte daher die Idee, die Bildbearbeitungssoftware Photoshop dazu zu nutzen, historische Gebäude und Situationen in ihrer heutigen Umgebung wieder sichtbar zu machen.

Zunächst wählte sie die historischen Originalbilder, die sich für einen Damals-Heute-Vergleich eignen würden. Dann machte sie sich auf den Weg durch die Stadt und fotografierte die entsprechenden Stellen von den Kamerapositionen der damaligen Fotografen.

Der Schnappschuss der neuen Fotos war nicht einfach! Da sich das Viertel verändert hat, mussten zunächst kleine Bezugspunkte gefunden werden, um denselben Blickwinkel der Fotografen der historischen Fotos zu erhalten. Zweitens mussten wir uns mit Fußgängern, vorbeifahrenden Autos und parkenden Autos auseinandersetzen. Manchmal mussten wir sogar den Verkehr anhalten, um ein einfaches Foto aus der gleichen Perspektive zu machen!

Mit der Bildbearbeitungssoftware fügte Federica Pendolino dann beide Bilder zusammen. Dies war zum Teil ein sehr zeitaufwändig. Die Schwierigkeit bestand darin, dass auf den modernen Fotos oft parkende Autos, Straßenlampen oder Reklametafeln im Weg waren, was die Kombination der Bilder sehr schwierig machte und teilweise sehr störend wirkte!

Ergebnis der Arbeit sind vier Fotographien in denen historische und moderne Aufnahmen miteinander verschmelzen, so dass die verlorenen Gebäude nun wieder mitten in der modernen Bebauung stehen. Doch was ist auf den Bildern zu sehen?

Wir beginnen unsere kleine Fotosafari auf dem Gülichplatz gleich neben Farina. Dort steht die zwischen 1921 und 1923 dort gebaute, ehemalige Zigarettenfabrik Haus Neuerburg. Die ursprüngliche Bebauung war 1918 während des Ersten Weltkriegs bei einem Fliegerangriff teilweise zerstört worden. Ein unbekannter Fotograf schaute kurz danach den Anwohner*innen über die Schulter, die sich die Schäden verwundert anschauen.

Kombination eines historischen Schwarzweißfotos mit einem Farbfoto eines Hauses aus Ziegelstein, das 1918 während des Ersten Weltkriegs zerstört wurde. Vor dem Haus stehen mehrere Menschen und betrachten die Schäden.
Fotomontage mit Blick auf Haus Neuerburg und das Haus, das dort am 18. Mai 1918 während eines Luftangriffs zerstört wurde. (Historische Aufnahme: © Johann Maria Farina; Foto 2022 und Bearbeitung: Federica Pendolino).

Im zweiten Bild bleiben wir auf dem Platz und drehen uns um zur Museumsbaustelle des MiQua. An der Ecke der beiden Straßen Unter Goldschmied und Obenmarspforten befindet sich momentan die Zufahrt zur Baustelle, die auf dem Foto als Tor 2 beschildert ist. Von 1915 bis 1942 befand sich hier die Tapetengroßhandlung Carl Hamacher. Das Haus lässt sich anhand der historischen Kölner Schreinskarten bis in die Zeit zwischen 1189 und 1200 zurückverfolgen. Im 14. und15. Jahrhundert war das Goldschmiedehaus unter dem Namen „Haus zum Golde“ bekannt.

Fotomontage der Straßenecke Obenmarspforten und Unter Goldschmied. Auf der rechten Bildhälfte ein Schwarzweißfot eines alten Gebäudes und auf der linken Bildhälfte die Baustelle des zukünftigen Museums MiQua
Abb. 2: Fotomontage mit Blick auf die Straßenecke Obenmarspforten und Unter Goldschmied. (Historische Aufnahme: Karl Hugo Schmölz, © Archiv Wim Cox, Köln; Foto 2022 und Bearbeitung: Federica Pendolino).

Schlendern wir nun die Straße Obenmarspforten entlang in Richtung Altermarkt, so treffen wir hinter dem Walraf-Richartz-Museum auf die Martinsstraße. Gleich gegenüber zweigte seit dem Mittelalter die Judengasse ab. Die nächste Fotomontage zeigt die Straßenecke Obenmarspforten/ Judengasse mit dem historischen Haus Nussia, das dort seit 1308 belegt ist. Der mittelalterliche Keller dieses Hauses ist erhalten und kann demnächst im archäologischen Rundgang des MiQua besichtigt werden. Um 1942, als das historische Foto entstand, war es ein einfaches Wohnhaus. Auf der rechten Seite schiebt sich die Backsteinfassade des nach dem Krieg wiederaufgebauten Rathauses ins Bild. Dazwischen können wir einen kleinen Blick in die ehemalige Judengasse werfen.

Kombination eines historischen Schwarzweißfotos mit einem modernen Farbfoto von der Straßenecke Judengasse/Obenmarspforten. Links sieht man einen Teil des modernen Kölner Rathauses und links historische Wohnhäuser, die im Krieg zerstört worden sind und wo heute das Museum MiQua entsteht
Abb. 3: Fotomontage mit Blick auf die Straßenecke Judengasse/Obenmarspforten. (Historische Aufnahme: Karl Hugo Schmölz, © Archiv Wim Cox, Köln; Foto 2022 und Bearbeitung: Federica Pendolino).

Am anderen Ende der Judengasse treffen wir auf die Bürgerstraße und gehen diese bis wir auf die kleine Budengasse treffen. Wenn wir uns dann noch einmal Richtung Rathaus drehen, dann erhalten wir einen Blick in die Straße und auf das Rathaus vor ihrer Zerstörung.

Kombination eines historischen Schwarzweißfotos mit einem modernen Farbfoto von der Bürgerstraße in der Kölner Altstadt. In der Bildmitte der Rathausturm
Abb. 4: Fotomontage mit Blick in die Bürgerstraße auf das Historische Rathaus. (Historische Aufnahme: © Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_137224, Foto 2022 und Bearbeitung: Federica Pendolino).

So können uns die bearbeiteten Fotos einen anschaulichen Blick auf Verlorenes im heutigen Stadtbild liefern.

Ein Beitrag von Federica Pendolino und Tanja Potthoff.

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