Form follows Monument

(English version below) Die bedeutendsten Ausstellungsobjekte des MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln stehen nicht in Vitrinen oder hinter Glas, sondern sind unverrückbar mit dem Boden und den Stadtschichten Kölns verbunden, teilweise seit 2000 Jahren. Es sind die sogenannten ortsfesten Bodendenkmäler wie das römische Praetorium, die Bauten des mittelalterlichen jüdischen Viertels oder des Goldschmiedeviertels, die die Geschichte des Ortes erzählen. Deshalb steht das MiQua genau an diesem Platz und zeichnet mit seiner baulichen Struktur die Bodendenkmäler, deren Lage und Ausdehnung minutiös nach.

Ausgrabung des Goldschmiedeviertels
Grabungsfoto mit Befunden des mittelalterlichen Goldschmiedeviertels im Süden, © Christina Kohnen / Stadt Köln

Bodendenkmäler, was ist das?

Bau- und Bodendenkmäler, also archäologische und paläontologische Funde und Befunde, seien dies nun Mauern und Fundamente, Fußbodenschichten, Brunnenschächte, Gräber oder Abfallgruben, stehen unter dem Schutz des Denkmalschutzgesetzes für Nordrhein-Westfalen. Dieses formuliert:

 

§ 1 Aufgaben des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege

(1) Denkmäler sind zu schützen, zu pflegen, sinnvoll zu nutzen und wissenschaftlich zu erforschen. Sie sollen der Öffentlichkeit im Rahmen des Zumutbaren zugänglich gemacht werden.

und

§ 2 Begriffsbestimmungen

(5) Bodendenkmäler sind bewegliche oder unbewegliche Denkmäler, die sich im Boden befinden oder befanden. Als Bodendenkmäler gelten auch Zeugnisse tierischen und pflanzlichen Lebens aus erdgeschichtlicher Zeit, ferner Veränderungen und Verfärbungen in der natürlichen Bodenbeschaffenheit…

Veränderungen, Eingriffe oder gar die Beseitigung von Bodendenkmälern sind demnach qua Gesetz erlaubnispflichtige Maßnahmen. Sie verbieten sich im Falle des MiQua von vornherein, denn die Denkmäler sind die eigentlichen Exponate – Architektur und Rundgang haben sich dem Denkmälerbestand anzupassen und diesen zu berücksichtigen. So nehmen die für die Gründung des Museums notwendigen Bohrpfähle Rücksicht auf Lage und Ausdehnung der Denkmäler, sie wurden in einem aufwendigen Verfahren exakt und denkmalschonend verortet.

Aufsicht auf das Modell mit dem archäologischen Befund, dem sich darin erstreckenden Rundgang und den Bohrpfählen
Das 3D-Modell des Befundes zeigt die Lage der Bohrpfähle, die hier rot dargestellt sind (Arbeitsstand 2016), © Architectura Virtualis

Wer macht was – Denkmalschutz und Denkmalpflege

Zuständig für die Erhaltung der Bodendenkmäler ist die Stadt Köln als Eigentümerin. Als Behörde tritt hier die Untere Denkmalbehörde der Stadt auf, die organisatorisch beim Römisch-Germanischen Museum angegliedert ist. Das Museum fungiert gleichzeitig aber auch als Amt für Bodendenkmalpflege, also als Fachamt, das über die Erlaubnisfähigkeit bestimmter Maßnahmen entscheidet.

Eine dichte und komplexe Gruppe von Bodendenkmälern wie im Archäologischen Quartier erfordert beides, Denkmalschutz und Denkmalpflege. Der Denkmalschutz umfasst die gesetzlichen Bestimmungen zur Erhaltung der Bodendenkmäler, also die Eigentümerpflichten, zur Genehmigungspflicht bei Veränderungen und zu Folgen bei Verstößen gegen diese Bestimmungen. Die Denkmalpflege regelt die nötigen fachlichen Dinge, die zur Erhaltung vorzusehen sind: Erforschung, Dokumentation und Publikation, Restaurierung und Konservierung sowie die Finanzierung dieser Maßnahmen.

Denkmalgerechtes Museumskonzept – eine gesetzliche Verpflichtung

Zwei Beispiele sollen verdeutlichen, dass das Museumskonzept hier einer besonderen Verantwortung gerecht werden muss. Im Rundgang vor der Rathauslaube begegnen sich beispielsweise die Besucherströme auf engstem Raum. Die Befundstruktur ist hier sehr dicht, Bauten des mittelalterlichen Jüdischen Viertels überlagern die Baustrukturen des spätrömischen Praetoriums. Um den Rundgang möglichst denkmalschonend zu planen, wird der Besuchersteg in zwei Bereichen unterhalb der mittelalterlichen Gebäudereste geführt, da eine Umfahrung dieser Bereiche nicht möglich ist.

Ausschnitt aus dem Grundriss eines Bauplans der Architekten.
Der Besuchersteg verläuft an zwei Stellen unterhalb der mittelalterlichen Mauerreste. Die Bohrpfähle – im Plan durch schraffierte Kreise gekennzeichnet – sind denkmalschonend verortet. © Wandel Lorch Architekten

Die aktuelle Diskussion um den Museumseingang betrifft die Denkmalverträglichkeit in besonderem Maße. Aufgrund der Kubatur des Eingangsbauwerks scheidet ein doppelter Zugang von Norden und Süden mit Unterbringung der nötigen Sicherheitstechnik aus. Die Lage wird zusätzlich erschwert, weil dieser Baukörper zugleich den Aufzug sowie die aus der Archäologie hinaufführende Treppe aufnehmen muss. Darüber hinaus macht aber auch die Lage der Denkmäler unter dem Eingangsbauwerk eine Ertüchtigung eines Einganges Süd unmöglich, da in diesem Fall sowohl Aufzug wie Treppe nach Norden verlegt werden müssten. Dort würden sie unmittelbar mit wertvollen Befunden des mittelalterlichen Jüdischen Viertels, dem Haus Lyvermann sowie einer römischen Thermenanlage kollidieren. Eine solche Maßnahme wäre denkmalrechtlich jedoch nicht genehmigungsfähig.

Bauplan, der einen Schnitt durch das Museum zeigt. Unten ist das Bodendenkmal zu erkennen. Auf Erdgeschossniveau befindet sich der Museumseingang, von dem Treppen in das erste Geschoss sowie aus dem Archäologischen Rundgang sowie ein Aufzug angeordnet sind.
Der Schnitt zeigt, wie die Besucherinnen und Besucher bereits durch die Fenster an der südlichen Museumsfassade einen Einblick auf einen Teil des Bodendenkmals und in den Eingangsbereich erhalten. Eintreten werden sie an der gegenüberliegenden Seite. © Wandel Lorch Architekten

 

Ein Beitrag von Thomas Otten, MiQua.

 

Beitragsbild: Ausgrabungsgebiet im Juni 2014. © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons), Archäologische Zone Köln – Überblick Juni 2014-1477-78, CC BY-SA 4.0

 

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Form follows Monument (Past tracery foretells future design)

The most significant exhibits of MiQua. LVR Jewish Museum in the Archaeological Quarter Cologne do not necessarily reside in its corridors and display cases, but are embedded in the layers of the city itself. Testament to the expression ’set in stone‘, some have been buried for as long as 2000 years. ‚Fixed field monuments‘, as they are termed, include the Roman Praetorium and the buildings of the medieval Jewish quarter and goldsmiths‘ quarter: it is here that the location speaks to us of its past. And this is the reason MiQua is being built in this exact place. Its architectural format is dictated by, and precisely reflects, the tracery of historical monuments, their position and dimensions.

Image 1: Excavation photograph showing the medieval goldsmiths‘ quarter in the south, © Christina Kohnen / Stadt Köln

What exactly are field monuments?

Architectural and field monuments, that is, archaeological and palaeontological sites and finds, whether walls and foundations, layers of pavement, well shafts, graves or rubbish pits, are protected under the law for the protection of ancient monuments in North Rhine-Westphalia.

The law sets out:

Article 1 Tasks in connection with the protection and preservation of ancient monuments

(1) Monuments must be protected, preserved, used sensitively and researched scientifically. All reasonable efforts must be made to make them accessible to the public.

and

Article 2 Definitions

(5) Field monuments are movable or immovable monuments that are or were in the ground. Field monuments also include evidence of flora and fauna from geological periods, as well as variations and discolourations in the natural properties of the soil…

The law requires that prior authorisation be obtained for any modification, intervention or removal of field monuments. At MiQua, such actions are prohibited from the outset, since it is the monuments themselves that constitute the exhibits. The overall architecture and the design of any visitor route must be adapted to and take into consideration the vestiges of the past as they exist here. Hence, the siting of bored piles necessary to secure the foundations of the museum was planned in relation to the layout and extent of the site. A complex process ensured that their precise positioning caused no disruption to the fabric of the monuments.

Image 2: 3D model showing the position of bored piles, in red (status 2016), © Architectura Virtualis

Who does what? – the protection and preservation of ancient monuments

Stadt Köln (the City of Cologne) as owner is responsible for the conservation of field monuments. In practice, the work is performed by the city’s agency for monuments, which is part of the Romano-Germanic Museum. The museum also acts as a specialist conservation department, with the authority to grant permits in respect of certain measures.

A dense and complex group of monuments such as is found in the ‚Archaeological Quarter‘ requires both protection and conservation efforts. Protection includes legal provisions for conserving field monuments: these relate to the obligations of ownership, the authorisation requirement for interventions and the consequences of infringement of the provisions. Preservation regulates the specialist aspects required for conservation: research, documentation and publication, restoration and finally, the funding of these measures.

The legal obligation to comply with conservation practice

Two examples can help explain the need for the museum concept to meet special responsibilities. The first concerns the very narrow space visitor flows must navigate when the tour passes in front of the city hall’s Renaissance style loggia. The density of monuments here is extreme, with the medieval Jewish quarter superimposed on the structures of the Late Roman Praetorium. To plan the tour in the manner that best respects these relics, visitor walkways in two areas have been routed beneath the medieval remains, since going round them is impossible.

Image 3: The visitor walkway passes beneath the remains of medieval walls in two areas. The drilled piles – shown as hatched circles – are positioned so that the monuments are not disturbed. © Wandel Lorch Architekten

The second example relates to current deliberations on the subject of the museum entrance. To a considerable extent, these are concerned with how best to protect the monument. The cube-shaped entrance does not allow for dual access from north and south, because of the housing for the necessary security technology. The situation is further complicated in that this building must incorporate the lifts and the stairs rising from the archaeological section. The location of the monuments under the entrance structure also precludes strengthening measures for an entrance on the south side; this would require both the lift and stairs to be positioned to the north. Here, they would come up against valuable features of the medieval Jewish quarter, the Lyvermann house and a Roman thermal bath. Such a solution would simply not receive approval in terms of the law protecting ancient monuments.

Image 4: The section shows how visitors will be able to look down into part of the ‚embedded‘ monuments and the entrance area through the windows on the museum’s south façade. They will enter on the opposite side of the building. © Wandel Lorch Architekten

By Thomas Otten, MiQua.

 

teaser image: Excavation works in June 2014. © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons), Archaeological Zone Cologne – Overview June 2014-1477-78, CC BY-SA 4.0

 

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